Well – Das war das Pornichet Select 2013
300sm Solo zwischen der Ile Groix Nordwesten und Les Sables d’Olonne im Südosten
Die Woche der Vorbereitung war im wesentlichen mit Projektarbeit – ja ich muss auch mal Geld verdienen – sowie dem Testsegeln mit den neuen Segeln und den üblichen Terminen wie Sicherheitskontrolle, Skippersmeeting etc. gefüllt. Hier in der Bretagne herrscht dazu herrlichstes Wetter und die Regatta versprach tolles Segeln allerdings mit relativ wenig Wind. Dafür sollte ich laut Routing mit relativ wenig echten Kreuzkursen eine schnelle Reise haben …
Das war die Theorie – die Praxis sah leider etwas anders aus. Ja, es gab auch Flaute und Schwachwind. Aber es gab zu Beginn und zwischendurch immer mal wieder auch 20-25kn Wind. Und nein, die Windwinkel stimmten so leider auch nicht und es musste wesentlich mehr gekreuzt werden. Und wenn geänderte Windrichtung und alte See und Atlantikdünung sowie Strom zusammenkommen, dann gibt es hässlichste Seebedingungen für ein so kleines Schiff wie den Mini. Geworden sind es vor allem wegen des hohen Kreuzanteils 3 statt der 2 1/2 Tage und damit 3 Nächte.
Aber von Anfang an – Zu Beginn steckte ich voller Optimismus, denn das Wetter war gut, ich fühlte mich gut vorbereitet und hatte etlichen Spaß im Vorfeld des Starts. Der Start war – gelinde gesagt chaotisch, denn die Regattaleitung startete um 12:55 und nicht wie angesagt und mehrfach beteuert um 13:00. Da ich des Französischen nicht so mächtig bin wie 80% der anderen Starter, bekam ich den Beginn des Startverfahrens auch erst mal gar nicht mit. Mit dem 1min-Signal war aber auch mir klar, dass es jetzt los geht und ich konnte mit dem Schuss in der ersten Reihe starten und die neuen Segel ließen mich auch gut vorankommen. Allerdings war die Startkreuz nur ca 0,8sm lang und so musste ich schon bald zur Boje wenden, was aber wegen der vielen anderen – insbesondere Protos – in Luv gar nicht so einfach war und so war auf dem “Nicht-Wege-Rechts-Bug auch bald der erste Konkurrent im Weg, den ich unterwenden musste. Wieder zurück gewendet sah ich in Lee erst mal niemanden mehr und konzentrierte mich auf der Luvkante sitzend auf schnelles Segeln – bis – ja bis da auf einmal – und auch für sie völlig unvermittelt – Elise Bakhoum auftauchte und ich sie leider – aber zum Glück an einer guten Position rammte. Nach einem kurzen Schreck und Check segelte sie weiter und ich machte meinen obligatorischen Kringel. Danach war aber die gute Startposition verloren und ich sah mich ganz hinten völlig eingeklemmt bis zum Ausgang aus der Bucht.
Ab da Begann dann eine schnelle Aufholfahrt in ständig drehendem Wind, der mich relativ bald (aber etwas später als die anderen, da ich von vornherein den mittleren Spi gesetzt hatte) den Spi gegen das Code-0 wechseln ließ. Nach weiteren 15 Minuten wurde auch der wieder eingerollt und es begann ein schönes Amwind-Rennen und an der ersten Wegmarke Birvideaux hatte ich auf die Siegerin Justine ganze 2,5sm Rückstand und war gut im Mittelfeld unterwegs.
Dann begann schönstes Spifahren bis zur Belle Ile und weiter per Code-0 in Richtung Ile Yeu. Kurz davor – inzwischen war es Sonntag Morgen schlief der Wind komplett ein und kam am Anfang sehr schwach (1-2kn) wieder. Mit Craig neben mir fühlte ich mich recht gut in meiner Position auch wenn ich nicht wusste, ob es eine Möglichkeit gab, die Flaute zu umfahren (ist Sylvain wohl gelungen). Leider hatte ich Craig kurz darauf verloren, da er eher vom tiefen Driften auf VMG-Fahren umstellte und an der Marke Les Sable d’Olonne hatte er ca 1,5sm Vorsprung. Dies sehend war auch mir klar, dass ich besser etwas höher fahren sollte und die Reise nach Les Sable war bis zum Ende VMG-Fahren mit entsprechend viele Halsen wobei sich der neue große Spi sehr gut gemacht hatte. Dann begann der Wind aufzufrischen und kurz vor Les Sable d’Olonne am Sonntag Abend gab es wieder 15-18kn Wind von hinten und 2m Welle was zu grandiosen Surfs führte. Allerdings war klar – der Rückweg mit ca 100sm Kreuz wird nicht einfach. Die Rundung war unspektakulär auch wenn es immer ein komisches Gefühl ist, mit Spi auf eine unbekannte Küste und Untiefentonne zu zu rasen und neben dem Spi-Manöver auch noch diese Untiefentonne finden zu müssen, die erst mal lange nur ein Wegpunkt auf dem GPS ist.
Dann begann die lange Kreuz und so lange es hell war und der Mond schien, ging auch noch alles gut. Doch nach der ersten Wende etwas östlich der Ile Yeu begann es dunkler zu werden und auch bald zu regnen und die Welle wurde, ohne dass ich sie sehen konnte immer konfuser. 2h später lag ich ziemlich seekrank unten und beschäftigte mich mehr mit dem “Überleben” als mit dem Regattasegeln. Und so verpasste ich sowohl den Zeitpunkt der Wende um Richtung Norden an der Ile Yeu vorbei zu fahren (siehe Plot) und den späteren Nord-Dreher mitzunehmen als auch das Boot überhaupt nur schnell zu segeln, sprich das Reff wieder raus zu nehmen als auch ordentlich die Kilos im Boot zu verteilen. Durch das Gewicht vorn (wegen der Flaute am Sonntag) sowie das recht langsame Segeln schlug das Boot wohl noch mehr und … ich konnte mich erst später am Morgen – immerhin nach einer Wende – aufraffen, oben die Regatta wieder aufzunehmen. Gefühlt war ich da Letzter und die Bestätigung dass ich sehr viel verloren hatte, bekam ich, als Chris Lükermann vor mir passierte.
Wenn man sich die Regatta auf dem Tracker im Rückblick ansieht, dann wird es deutlich, dass dies der Schlüsselmoment (nicht nur für mich) war. Interessant wäre, was passiert wäre, wenn ich diesen Schlag, der an sich nicht sonderlich falsch war (da ich ja weiterhin nach Nordwesten musste und der Wind nicht wieder zurückdrehte), mit ordentlichem Bootsspeed gefahren wäre. Aber hätte/wäre/könnte – ich fühlte mich zu dem Zeitpunkt nicht in der Lage anders zu segeln.
Immerhin kam mit dem Tageslicht der Ehrgeiz wieder und ich begann das Boot ordentlich zu trimmen und auch die Entscheidung, die mir aber durch die Dünung (Am Wind und mit Welle direkt von vorn bei relativ wenig Wind vs. Welle von der Seite auf dem anderen Bug ohne große Geschwindigkeitseinbußen) etwas aufgezwungen wurde, nördlich der Belle Ile zu bleiben erwies sich als richtig denn andere Segler, die unbedingt auf die südliche Seite wollten, hatten dabei recht viel verloren und ich konnte bei wesentlich weniger Welle sogar den recht starken ablaufenden Strom östlich der Halbinsel Quiberon nutzen.
Bei Birvideaux kamen mir die ersten Serien-Schiffe entgegen und ich begann, sie zu zählen um eine Idee für meine Position zu bekommen. Allerdings zählte ich nur ca 20 und auf den 3..4 sm westlich/nördlich der Ile Groix, die ich nicht sehen konnte, konnten sich die fehlenden 40 Serienschiffe nicht aufhalten. Ich schöpfte also wieder Hoffnung, dass die irgendwo weit draußen auch nicht schneller waren als ich (dass viele aufgegebnen hatten, wusste ich natürlich nicht). Die Rundung der Ile de Groix war unproblematisch und an der NW-Ecke ging der Spi hoch. Allerdings war da leider auch der Wind fast komplett (bis auf ca 3..4kn) weg. So ging es langsam weiter nördlich Ile Groix und bis auf die Tatsache, dass noch 2 unbeleuchtete Tonnen zu runden waren, gab es keine Schwierigkeiten. Allerdings entdeckte ich auf dem AIS Chris 2sm vor mir und bis etwas hinter Birvideaux hatte ich den Rückstand bis auf 1sm reduziert. Mit der Rundung von Birvideaux wurde auch der Code-0 (den ich für den Anlieger Birvideaux brauchte) gegen den großen Spi getauscht. Leider ging der Wind immer weiter zurück (den Letzten fressen die Raben) und ich konnte die Rauschefahrt der weiter vorne Liegenden leider nicht genießen.
An der Ile Houat vorbei ging es Richtung Ziel und etwa 10sm vor dem Ziel fiel der Wind weiter auf 1..2kn, es zog Seenebel auf und es begann der Schnecken-Endspurt.
Zumindest den konnte ich deutlich für mich entscheiden auch wenn es ein komisches Gefühl ist, nur von seinen GPS-Wegepunkten abhängig zu sein, denn gesehen hatte ich buchstäblich nichts. Die Zieltonne und das Zielschiff habe ich erst ca 200m vor mir gesehen und es war ein befreiendes Gefühl, all die anderen (weiter hinten Liegenden) in dem sich zu lichtenden Nebel auch hinter mir erkennen zu können. Die tagelange Navigationsvorbereitung hatte sich also ausgezahlt.
Epilog
Nach dem Zieldurchgang hatte ich kurz mit Elise gesprochen und ihr versichert, dass ich den Schaden natürlich regulieren werde. Leider wollte sie auch gegen mich protestieren aber da ich ja meinen 360Grad-Kringel gefahren bin, war mir das egal. Weit gefehlt, denn ohne Kringelprotokoll zählt der scheinbar nichts und trotzdem ich ihr das gesagt hatte und sie es hoffentlich auch gemeldet hatte, wurde ich disqualifiziert …. Anscheinend wird man nur aus Schaden klug.
Dazu hatte ich mir während der Nacht von Sonntag zu Montag gesagt, dass es dies wohl (fast) mit dem Mini-Segeln gewesen sein wird. Das Ziel, mich einhand mit anderen zu messen und dabei halbwegs auf Augenhöhe mit dem nicht professionell fahrenden Mittelfeld zu bleiben, habe ich erreicht und dafür, dass der zeitliche und finanzielle Aufwand für einen Nicht-Bretonen enorm ist, gibt es einfach zu viele Tage, an denen ich eher darunter leide aus Spaß daran zu haben.
So gibt es nur noch eine Classe-Mini Regatta dieses Jahr – das MAP und danach wird das Schiff wohl (hoffentlich zügig) verkauft oder. Etwas schade um die neuen Segel sowie der Aufwand in die Saisonvorbereitung aber …
Frank aus dem Flieger von Nantes nach Berlin
Epilog II
Inzwischen habe ich auch die offizielle Begründung (44.1b und 10) für die Disqualifizierung, was mich etwas verwundert, da ja jeder Zusammenstoß von 2 Minis Schaden anrichtet und Elise ja offensichtlich und erfolgreich weiter segeln konnte. Doch da ich nur einen 360 Grad Kringel gefahren bin und einen 720 Grad Kringel hätte fahren müssen, ist das Ergebnis auch OK.
Wegen dem Kurs – Theoretisch hätte ich auch meinen sehr weit westlichen Kurs (gut im Tracker zu sehen) weitersegeln können und hätte damit vielleicht sogar etwas gewonnen. Den Winddreher hatte ich ja auf dem richtigen Bug genommen. Aber das macht natürlich das Langsamfahren (siehe sehr grün/blaue Kreuz unten links im Replay) nicht wett …
Dagegen bin ich schon recht stolz auf das viele Rot und Orange, was bedeutet, das ich das Schiff über einen großen Teil der Regatta auch recht gut gefahren bin. Wer sich wundert über die vielen blauen Punkte insbesondere auf der Kreuz – das sind die Wellen, die das Boot immer wieder stärker ausbremsen und insbesondere auf dem Kurs nach Westen ja ein schnelles Vorwärtskommen nicht so richtig zuließen.
Und wegen dem Schiffsverkauf – da schwirren mir momentan noch ein paar andere Ideen durch den Kopf, zu denen ich später mal etwas schreiben werde …